Das vorliegende Buch ist die im Jahr 2000 zugelassene Dissertation von Stefan Meining. Wie schon verschiedene andere Bücher zuvor, verfolgt es das Ziel der Darstellung und Analyse des Verhältnisses der DDR zu den Juden – denen im eigenen Land, denen in Israel und denen im Rest der Welt, insbesondere in den USA. Sechs empirische Hauptkapitel widmen sich Einzelaspekten. Das erste (und längste) behandelt den Fall Merker. Der wesentliche Entdeckerstolz des Autors liegt auf seiner Deutung, dass Paul Merker, das prominenteste Opfer der antisemitisch gefärbten Säuberungswelle des Spätstalinismus Anfang der 50er Jahre, seiner Meinung nach anders als bisher dargestellt werden müsse – nicht nur als das unschuldige, wohlmeinende, humanistische und den vom Nationalsozialismus verfolgten Juden gegenüber wohlmeinende Opfer, sondern eben auch als halbwegs linientreuer Stalinist, als Nicht-Dissident.
Das zweite Kapitel behandelt das Verhältnis der DDR zur jüdischen Gemeinde – und zwar, da dieses schon ausführlich anderswo beschrieben wurde, anhand der »Fälle« Galinski und Eschwege. Interessanter sind da schon die nächsten, auf die Außenpolitik des SED-Staates gerichteten Kapitel. Meining beschreibt die extreme Israelfeindschaft der DDR (bei gleichzeitiger stetiger Anerkennung des israelischen Existenzrechts), die Freundschaft zur PLO, die ostdeutsche Unterstützung für arabische Militante und die erst Ende der 80er Jahre langsam aufbrechende Eiszeit zwischen dem jüdischen Staat und der SED. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Analyse der Versuche in den 80er Jahren, diese Beziehung ebenso zu verbessern wie die zu jüdischen Organisationen in den USA – im Kontext der DDR-Bestrebungen, die Meistbegünstigungsklausel im Handel mit den USA zu erhalten. Die DDR-Führung sei in gewisser Weise einem antisemitischen Stereotyp aufgesessen, habe zu Unrecht geglaubt, durch Verbesserung ihrer Beziehungen zu jüdischen Organisationen den General-Schlüssel zur US-Regierung zu bekommen. Dies schlug aber fehl. Mit einem wiederum recht kurzen Kapitel über die schnellen Entwicklungen in der Wendezeit, in denen sich das Klima zwischen DDR-Führung und Israel sowie den Juden in Ostdeutschland deutlich änderte, endet das Buch. Die grundsätzlich beschriebene Problematik bleibt: Das »bessere Deutschland« hatte aus der Shoah zu wenig gelernt, behandelte anfangs die Juden als Opfer zweiter Klasse und pflegte einen radikalen, weltbildhaften Antizionismus, bei dem die ideologische und physische Grenze zum Antisemitismus gelegentlich massiv überschritten wurde.