Seit Eröffnung des Lagers Mechelen waren unter nicht-belgischen Juden in Belgien Einbestellungen zum Arbeitsdienst in Deutschland verteilt worden. Juden mit belgischer Staatsangehörigkeit blieben, ebenso wie Juden in Mischehen, weiter von der Deportation ausgenommen. In den von der AJB versandten Schreiben wurde jede Person angewiesen, sich in der Dossin-Kaserne zu melden und Proviant für 14 Tage, Kleidung und wichtige Dokumente wie Ausweispapiere und Lebensmittelkarten mitzubringen. Die deutschen Behörden waren bislang nicht zufrieden mit der Zahl der Menschen, die sich in Reaktion auf die Einbestellungen in Mechelen eingefunden hatten. Infolgedessen führten Sipo (Sicherheitspolizei), Feldgendarmerie und die flämische SS Einzelverhaftungen durch.
Am 28. August 1942 traf sich Eichmann im Berliner RSHA mit Heinz Roethke, der in Frankreich als „Judenberater“ fungierte. In einem von Roethkes Assistenten Horst Ahnert verfassten Bericht über dieses Treffen wurde bekanntgegeben, dass die Quote zu deportierender Juden vor Ende 1942 auf 20 000 erhöht würde. Da Eichmann zwischen November und Januar mit eingeschränkten Transportmöglichkeiten rechnete, wies er das Judenreferat in Brüssel an, die Transporte zu intensivieren. Von Mitte September an könne er täglich einen Zug bereitstellen. Beim selben Treffen wurde beschlossen, alle ausländischen Juden in Belgien bis Ende Juni 1943 zu deportieren.
Ab Mitte August wurden Razzien organisiert. Die ersten beiden Razzien fanden am 15. und 28. August in Antwerpen statt, eine dritte am 3. September in Brüssel. Bei der letzteren handelte es sich um eine Vergeltungsmaßnahme in Reaktion auf die Ermordung des AJB-Direktors Robert Holzinger am 29. August durch jüdische Mitglieder der belgisch-kommunistischen Widerstandsgruppe ‚Main d’Oeuvre Immigrée‘. SS-Sturmbannführer Alfred Thomas, Leiter des Sipo-SD-Judenreferats (Abt. II), erteilte den Befehl, zur Unterstützung der Razzia 100 bis 150 Polizisten freizustellen. Allerdings verweigerten sowohl die Polizei als auch der Brüsseler Bürgermeister Jules Coelst die Teilnahme. Die Razzia begann am Abend und wurde von Polizeikräften des Brüsseler BdS, der Feldgendarmerie, der Geheimen Feldpolizei und regulären Wehrmachtssoldaten durchgeführt. 660 Juden wurden verhaftet und per Lastwagen ins Lager Mechelen abtransportiert. Etwa die Hälfte der Verhafteten wurden dem Transport VIII vom 8. September, 282 weitere dem Transport IX vom 12. September hinzugefügt....
BdS Belgien und Nordfrankreich - Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD für den Bereich des Militärbefehlshabers in Belgien und Nordfrankreich in Brüssel